Nightwish – Imaginaerum (CD-2011)

Es ist nunmehr vier Jahre her, dass die finnische Band Nightwish ein Album veröffentlichte. Dark Passion Play war das erste Werk mit der damals neuen, schwedischen Sängerin Anette Olzon, nachdem Tarja Turunen Ende 2005 die Band verlassen hatte. Seit diesem Album tourte die Band in neuer Aufstellung um die Welt, wobei vor allem auf den amerikanischen Kontinenten viele Konzerte gespielt wurden. 2009 erschien das Live-Album Made in Hongkong (And In Various Other Places), anschließend begannen die Arbeiten am neuen Werk Imaginaerum. Am 11. November 2011 erschien die erste Singleauskopplung Storytime, das Album steht seit dem 2. Dezember 2011 in den Läden.

Imaginaerum ist ein Konzeptalbum; das Album liefert den Soundtrack zu dem gleichnamigen, von Nightwish gedrehten Film, welcher im Laufe des Jahres 2012 erscheinen soll. Durch diese Tatsache klingt das Album sehr theatralisch. Um den symphonischen Charakter zu verstärken, greift die Band auf die Unterstützung des London Philharmonic Orchestra sowie des Metro Voices Chors zurück. Abgesehen davon wird musikalisch ein breites Spektrum geboten, das von hartem Metal (Ghost River), folkigen Balladen (Turn Loose the Mermaids), über keltische Klänge (I Want My Tears Back) bis hin zu jazzigen Tönen (Slow, Love, Slow) reicht. Gesanglich bringt sich dabei immer häufiger auch Marco Hietala ein und sorgt so für einen guten, stimmlichen Kontrast zur Stimme Anette Olzons – eine konsequente Weiterentwicklung des neuen Stils, der sich schon bei Dark Passion Play abzeichnete.
Die Stücke bilden zusammen eine in sich geschlossene Fantasygeschichte. Zentrales Motiv ist dabei die Sehnsucht nach der Kindheit, den Träumen, der kindlichen Fantasie, wie sie in I Want My Tears back besungen wird. Auf schaurige Weise werden Besucher des fiktiven Cirque de Morgue – eines Wanderzirkusses – im Titel Scaretale von diesen Erinnerungen heimgesucht, in dem ihre Illusionen und Fantasien zum Leben erweckt werden; So beispielsweise auch die Angst vor dem Verlust des eigenen Kindes in Ghost River („The river wild will take your only child“).
Ruhiger und träumerischer geht es in Titeln wie Turn Loose The Mermaids oder The Crow, the Owl and the Dove zu, in denen nach dem vorangegangenen Horror wieder ein Funke Hoffnung mitschwingt und eher die schönen Träume thematisiert werden. Dabei wurde Turn Loose The Mermaids von Tuomas Holopainen für seinen Großvater geschrieben. Als dieser im Sterben lag und er Abschied nahm, stellte er sich vor, wie Meerjungfrauen ihn davontrugen.
Doch so funktioniert der Karneval des Lebens, der in Last Ride of the Day besungen wird: Wie eine ewige Achterbahnfahrt mit all ihren Höhen und Tiefen.
Der mit über 13 Minuten sperrigste Titel des Albums Song of Myself ist zugleich auch der persönlichste Titel der Band. Besonders die eingesprochenen Textpassagen im vierten Teil des Songs, Love, lassen einen Schauer der Betroffenheit über den Rücken laufen. Familienmitglieder und Freunde der Band offenbaren hier ihre Träume, ihre Wünsche, persönliche Gedanken. Die entsprechenden Textpassagen wurden von ihnen selbst eingesprochen.

Fazit:
Das mit insgesamt knapp 75 Minuten Laufzeit sehr umfangreiche Album wird jeden Nightwish-Fan begeistern, der die Band für deren Musik und Texte schätzt und nicht mehr so sehr an der Tarja-Ära hängt. Im Vergleich zum Vorgängeralbum Dark Passion Play sind die Titel weit besser auf den Gesang von Anette Olzon angepasst, so dass sich auch in diesem Bereich ein harmonisches Gesamtbild abzeichnet. Die stilistischen Experimente, wie die langsame Jazz-Ballade Slow, Love, Slow mögen auf den ersten Eindruck hin ungewöhnlich wirken, passen jedoch gut in das Albumkonzept, das ob aller Vielfältigkeit nicht ohne eine zentrale Botschaft verbleibt. So befindet sich in der Mitte des Textheftes ein Zitat von John Keating aus dem Club der toten Dichter, welches besser nicht hätte zutreffen können:

“But only in their dreams can men be truly free,
‘Twas always thus and always thus will be.”

Anspieltipps:
Ghost River, I Want My Tears Back, Scarytale, Turn Loose The Mermaids

Tourdaten (Imaginaerum European Tour 2012):
10.04. Liseberghallen, Göteborg (S)
11.04. Falconer Theater, Kopenhagen (DK)
13.04. Heineken Music Hall, Amsterdam (NL)
14.04. ISS Dome, Düsseldorf (D)
16.04. Forest National, Brüssel (B)
17.04. Bercy, Paris (F)
18.04. Zenith, Nantes (F)
20.04. Halle Tony Garnier, Lyon (F)
21.04. Rockhal, Luxemburg (L)
23.04. Jahrhunderthalle, Frankfurt (D)
24.04. Hallenstadion, Zürich (CH)
25.04. Forum, Mailand (I)
27.04. Gasometer, Wien (A)
29.04. Budapest Arena, Budapest (H)
30.04. Tesla (T-Mobil Arena), Prag (CZ)
01.05. Arena, Leipzig (D)
03.05. O2-World, Hamburg (D)
05.05. Arena, Nürnberg (D)
06.05. Schleyerhalle, Stuttgart (D)
08.05. Tivoli Hall, Ljubljana (SLO)
05.07. Getaway Rock Festival, Gävle (S)
07.07. Ruisrock, Turku (FIN)
25.08. Borggården, Trondheim (N)

Autor: Last Apocalypse