Love Like Blood im Interview mit Radio Dunkle Welle

In Vorbereitung des Love Like Blood Farewell Specials, welchem Ihr am 26.05.2011 auf Radio Dunkle Welle beiwohnen konntet, hatte Marlene die Gelegenheit, ein Interview mit Gunnar Eysel zu führen, welcher sich gemeinsam mit Yorck Eysel, Timo Deininger, Alexander Schädler und Al Sauer am 9.06.2011 auf dem WGT in Leipzig offiziell von seinen Fans verabschieden wird.

Marlene: Ende letzten Jahres tauchte plötzlich wie aus dem Nichts die Meldung auf, Love Like Blood würden beim WGT spielen. Das kann nicht sein, dachte sicher nicht nur ich mir und suchte nach offizieller Bestätigung auf Euren verwaisten Internetseiten. Dort fand ich – wie seit Jahren – nichts und somit war jedenfalls mir klar: Die Leute vom WGT haben sich geirrt. Die haben da was verwechselt. Nach und nach erhärteten sich die Gerüchte und plötzlich stand fest: Das ist kein Irrtum, das wird passieren. Love Like Blood werden nach 12 Jahren Bühnenabstinenz noch einmal zurückkehren und sich mit einem Farewell Konzert offiziell von ihren Fans verabschieden. Wenn ich es richtig verfolgt habe, wurde seitens des WGT´s angefragt, ob Ihr beim Jubiläumskonzert spielen möchtet, ist das richtig? Was habt Ihr denn gedacht, als diese Anfrage kam? Das muss doch auch für Euch eine ziemliche Überraschung gewesen sein, oder?

Gunnar: Als Michael, der Veranstalter vom WGT, mit mir Kontakt aufnahm – und ich muss vorweg  sagen, dass er erst einmal so ganz vorsichtig nachfragte, ob ich denn auch der Gunnar sei, der bei Love Like Blood gespielt hat ;), war ich natürlich anfangs extrem überrascht. Ist ja eine kleine Ewigkeit her, dass wir das letzte Mal auf der Bühne standen und unerwartet rufen die WGT Gründer bei mir an und fragen nach, ob wir uns vorstellen könnten, für dieses spezielle Ereignis nochmals die Band zu aktivieren…

Marlene: War für Euch sofort klar, dass Ihr beim WGT dabei sein werdet oder habt Ihr Euch mit der Entscheidung Zeit gelassen? Ich kann mir vorstellen, nach so vielen Jahren Bühnenabstinenz entwickelt man ziemlichen Respekt davor, sich wieder auf die Bühne und vor die Menschen zu stellen, zumal Ihr ja vermutlich auch gar nicht einschätzen konntet, wie die Nachricht seitens der Fans aufgenommen würde… bzw. ob es die überhaupt noch gibt.

Gunnar: Ich war von Beginn an sehr aufgeschlossen gegenüber der Anfrage  und ganz und gar nicht ablehnend gegenüber der Idee. Aber es war mir auch sofort klar, dass es keine einfache Sache wird. Also erst einmal schauen, ob wir alle Jungs wieder zusammen bekommen  und ob wir auch gemeinsam der Überzeugung sind, dass wir das mit vereinter Motivation so durchziehen für uns und für unsere Fans, dass es auch wirklich Sinn macht. Bei einem entspannten Grillabend, quasi ein LLB Klassentreffen der alten Hasen ;), haben wir uns zusammengesetzt und direkt losgelegt. Das Erstaunliche war, jeder war ohne lange zu überlegen direkt begeistert von der Idee. Am skeptischsten war eigentlich ich selber! Der ganze Aufwand mit der Produktion, Zusammenstellung der Crew, Songs, … und die lange Bühnenabstinenz. Zumindest Yorck und ich waren musikalisch zuletzt vor 10 Jahren aktiv. Mir selbst ist am Wichtigsten, dass uns diese Anfrage die Möglichkeit gewährt, uns nun doch noch von unseren Fans zu verabschieden. Wir hatten uns nie aufgelöst, aber ich habe 2001 nach dem letzten Album die Gitarre in die Ecke gestellt und gesagt, schauen wir mal, wann ich wieder Lust habe. Der Lauf der Zeit hat gezeigt, dass ich einfach keine Energie mehr hatte, Musik zu kreieren und wir dazu auch privat in einem Zeitfenster waren, indem wir uns neu orientierten. Aber ich kann bestätigen, Musikmachen ist so ein bisschen wie Radfahren, man verlernt es nicht 😉 und über 15 Jahre intensives Bandleben, Tourneen, Recordings sind Erfahrungen, die definitiv nicht einfach verschwinden.

Marlene: Dass sich die Menschen nicht nur an Euch erinnern, sondern absolut überwältigend auf Euer anstehendes Farewell Konzert reagieren, zeigt Eure Facebook Seite (http://www.facebook.com/LLBofficial). Besonders schön finde ich es, verfolgen zu können, wie viele ihre Konzertkarten, Poster und andere Erinnerungsstücke an Euch noch hüten wie kleine Schätze –  man kann sich diese in Form von Fotos auf Eurer Seite anschauen. Habt Ihr mit solch warmherzigen und berührenden Reaktionen gerechnet?

Gunnar: Ganz und gar nicht! Dass bei der nachgewachsenen Generation der Szene die Band Love Like Blood bei den wirklichen Kennern noch bekannt ist, da Journalisten uns immer wieder gerne noch zitieren, ist uns bekannt. Aber wenn ich jetzt all das Feedback und die Facebook Impressionen versuche zu verinnerlichen, dann werde ich ganz ganz ehrlich gesagt sehr melancholisch. Zu sehen, dass jemand noch ein „Anthology of an Agony“ Poster hat, ist für mich unvorstellbar, da ich selbst nur noch sehr wenige Dinge aus der Love Like Blood-Ära besitze. Aber alle Freunde, die ihre Schätze aus den Jahren jetzt nochmals raus kramen und noch besitzen… Das  ist einfach umwerfend. Alle sind ja auch mit uns etwas älter geworden und ich freue mich jeden einzelnen wiederzusehen, die „guten alten Zeiten“ zu feiern und hoffentlich den Spirit der 90er auch ein wenig auf die heutige Generation zu transportieren.

Marlene: Ihr habt bei Facebook den Fans die Möglichkeit gegeben, an einem Song-Voting teilzunehmen. Am 9.06. sollen die gevoteten Songs dann auf dem WGT live präsentiert werden. Ich habe gesehen, dass ein Fan den Wunsch geäußert hat, ihr solltet das Joy Division Cover „A Means To An End“ als finalen Song spielen. Diesen habt Ihr – oder besser Yorck zusammen mit Peter Spilles – ja 1994 mit REC. veröffentlicht. Ohne zuviel zu verraten… wird es unter Umständen auch etwas von REC. zu hören geben?

Gunnar: Nein und da verraten wir auch nicht zuviel. Es wird vielleicht einen Coversong geben. Wir konzentrieren uns auf eine Setliste, die dem Anlass und den Wünschen gerecht wird. Wir haben ja nur die Möglichkeit so zwölf bis vierzehn Songs zu spielen an einem Konzertabend. Wir können ja leider nicht jeden Song spielen, den wir mal geschrieben und aufgenommen haben *LOL*. Da würde dann eher eine Konzertreihe, jeder Abend ein bis zwei Alben, entstehen. Ich kann aber jetzt schon sagen, dass die Songs, die am meisten gewünscht wurden, eigentlich auch dabei sind.

Marlene: Im oft zitierten Zillo-Interview, dass zwischenzeitlich die meisten kennen dürften, habt Ihr unmissverständlich klar gemacht, dass es kein „Come back“ von Love Like Blood geben wird. Die Arbeit an neuen Alben schließt ihr aus. Love Like Blood sind quasi Geschichte, und das offizielle, finale Kapitel wird nun geschrieben. Wann war für Euch klar, dass es mit Love Like Blood nicht mehr weiter gehen wird? Reifte diese Entscheidung bereits als „A Chronology Of A Love Affair“ entstand? Für alle, die es nicht wissen: Dieses letzte Album aus dem Jahr 2001 ist eine Compilation von Coversongs, die einen Querschnitt von 20 Jahren Dark Music darstellt. Einige Jahre hatte man immer noch die Hoffnung, dass es nach diesem Album weitergehen wird, und irgendwann verstand jedenfalls ich dann „A Chornology Of A Love Affair“, welches ihr ja Euch selbst und der Szene gewidmet habt, als traurigen, aber passenden Abschluss der Love Like Blood Bandgeschichte.

Gunnar: Ich bin Realist, ich war weit über 15 Jahre nicht nur als Musiker, sondern auch als Manager in der Musikindustrie aktiv. Es wäre absurd zu erwarten, dass irgendjemand nun wieder ein entsprechendes Budget investiert in der heutigen Zeit. Und das ist einfach ein wesentlicher Bestandteil, alleine schon um an den Standard bestehender Love Like Blood-Produktionen anzuknüpfen. Es ist auch irgendwann Zeit, den vielen jungen, talentierten Acts um uns herum Platz zu machen, und ich muss auch nicht ewig auf einer Bühne stehen. Also man muss einfach wissen, wann Schluss ist. Vielleicht war es mir 2001 mit unserem letzten Album unbewusst bereits schon klar – „it’s over“ –  obwohl dem nicht so war. Wir wollten nie aufhören, aber ich war damals erschöpft, hatte Probleme und einfach die Freude am Musikmachen verloren und wollte erst einmal Ruhe und nichts anderes mehr von Musik und dem ganzen Business, Drama und Drumherum wissen. Ich sagte immer, der Tag wird kommen und ich trommel uns wieder zusammen, wir schreiben neue Songs und gehen wieder auf Tour, aber der Tag kam einfach nie. Und so hat die Zeit einfach Fakten geschaffen und dann realisierst Du erst Jahre später, dass man sich eigentlich unwürdig verabschiedet hat. Umso schöner finde ich es jetzt, dass das WGT sofort an uns gedacht hat und uns gewissermaßen dieses „Geschenk“ in 2011 macht.

Marlene: Die Generalprobe für das WGT wird am 8.06. im Rahmen eines letzten Secret Showcases in Geislingen – dort wo für Love Like Blood alles begann – stattfinden. Wie man lesen kann, werden dort auch Musikerkollegen zugegen sein. Ihr habt ja zum Beispiel bei der  „The Love Like Blood EP“ und auch auf dem Folgealbum „Snakekiller“ jede Menge prominenter Unterstützung gehabt. So saßen z. B. AC von Lacrimosa und Ed Warby von Gorefest hinter den Drums und Esa Holopainen von Amorphis bzw. Frank Schwer von Silke Bischoff an den Gitarren. Habt ihr gezielt Musikerkollegen  auch aus dieser Zeit eingeladen nach Geislingen? Und sind für diesen intimen Abend Dinge in Planung, die man auf dem Farewell Konzert auf dem WGT nicht erleben wird?

Gunnar: Ich würde das sehr gerne machen! Die haben alle ihr eigenes Ding laufen und es wäre auch fast unbezahlbar ein solches Line-Up nochmals zusammenzustellen, dass man aus ganz Europa einfliegen muss. AC von Lacrimosa wohnt jetzt glaube ich sogar in Brasilien. Es war uns damals in der Zeit auch irgendwann wichtig, einfach jederzeit flexibel zu sein, dass wir Shows nicht wegen zu hoher Produktionskosten absagen müssen, daher haben wir dann Musiker aus unserer näheren Umgebung gesucht. Wir freuen uns, dass jetzt alle wieder im konstanten Line-Up seit 1999 mit an Bord sind. Dazu kommt heute, dass alles komplett neu organisiert werden muss – vom Equipment bis hin zu den ganzen organisatorische Dingen, die alle von außen nicht so wahrgenommen werden.

Und übrigens noch bemerkt an dieser Stelle, ich würde auch gerne einen letzten Auftritt mit Mark und Stephen machen. Sowie ganz klar natürlich mit meinen ganz wichtigen Gründungsmitgliedern: Peter, Gonzo und Joxx! Ohne die drei würde es Love Like Blood und die ersten Recordings vielleicht gar nicht geben, aber es ist einfach zu viel Aufwand und mit viel Kosten verbunden und ich kann auch nicht erwarten, dass jeder „Just For Fun“ eben mal so vorbeischaut. Es kostet auch immer alles einen ganzen Haufen Geld alle einzufliegen oder anderweitig anzukarren für die ganzen Proben, plus Gagen und alles was dazukommt, was uns leider nicht zur Verfügung steht. Aber Einladungen stehen und ich hoffe sagen zu dürfen, es wird die ein oder andere kleine örtliche Überraschung hier am Tag geben für unsere Freunde.

Marlene: Wenn Ihr mit dem Wissen von heute zurückschaut auf Love Like Blood… gibt es Dinge, die ihr bereut oder komplett anders angehen würdet?

 

Gunnar: Die Frage wird aktuell natürlich oft gestellt und ich überlege jedes Mal ernsthaft, ob es da was gibt. Und ich komme jedes Mal zu dem eindeutigen Fazit: Nein. Natürlich ist jeder im Nachhinein immer schlauer, aber speziell im Music Biz gibt es keine Patentrezepte und Garantien. Also wer sagt mir, dass wenn ich etwas anders gemacht hätte, das dann irgendetwas besser, schlechter oder anders gelaufen wäre? Wir waren immer ehrlich und alles was wir gemacht oder entschieden haben, basierte auf Lust, Laune und unserer vollen Überzeugung und wenn ich morgen wieder auf Facebook oder in die Mails schaue, kann ich doch einfach nochmal mehr happy sein, soviel positive Vibes und geteilte Freude und auch Verständnis für unsere Entscheidung zu erhalten. Love Like Blood waren ja keine „Plattenmillionäre“, umso mehr überwiegt aber heute die Gewissheit, alles richtig gemacht zu haben, Spaß gehabt zu haben und all die Momente, die eben nicht käuflich sind, erlebt zu haben…

Marlene: Um noch mal auf das WGT zurückzukommen: Von einigen Seiten wurde diese Frage bereits in den Raum geworfen und ist sicher interessant für jene, die keine Gelegenheit haben, Euch am 8. oder 9.06. live zu sehen. Wird es einen Konzertmitschnitt geben? Auch von weiteren Farewell Konzerten liest man hier und da gerüchteweise… ist da was dran?

Gunnar: Mal sehen, Gerüchte gibt es allerdings immer viele und es gibt ja auch genügend Cams mit 5 TB Speicherplatz, bitte ladet uns alles auf www.facebook.com/LLBofficial und www.YouTube.com/LoveLikeBloodmusic hoch. 😉

Marlene: Ich denke, ich spreche im Namen von allen Fans, wenn ich sage: Ihr habt uns unbeschreiblich Vieles gegeben, das auch weiterhin unvergessen bleiben wird, und ein Danke dafür scheint so wenig… Mit viel Freude und auch Wehmut werdet wahrscheinlich auch ihr nun auf den Juni schauen. Gibt es etwas, dass ihr als abschließende Worte all denen mit auf den Weg geben möchtet, die Euch all die Jahre als treue Fans begleitet haben?

Gunnar: Schau, jetzt werde ich schon wieder sofort melancholisch…. Und ich kann nur sagen: Genießt den Moment, genießt das Erlebte, trauert niemals alten Zeiten nach, vorbei ist vorbei! Und ich frage mich immer, wer wem mehr zu verdanken hat, denn Love Like Blood und unsere Erinnerungen wären nichts ohne die Fans und unsere Freunde und das tragen wir heute und für immer in unseren Herzen. Das hört sich jetzt vielleicht sehr kitschig, überschwänglich an, aber ich kann es gerade nicht besser formulieren, mir fehlen echt die Worte. Wir haben EUCH ALLEN von tiefstem Herzen zu danken für die unzähligen und unvergesslichen Momente, die Treue über all die vielen Jahre und den unglaublichen Support von euch an Love Like Blood in 2011.

Marlene: Ich bedanke mich sehr für das Interview, Gunnar, und wünsche allen Beteiligten für die beiden Konzerte im Juni unvergessliche Momente… und für Eure Zukunft alles Gute!

 

Gunnar: Den Dank und die Wünsche können wir nur an Dich, liebe Marlene, und an das ganze Radio Dunkle Welle-Team, alle Hörer und Community Leser zurückgeben. Vielen Dank für Deine und eure Unterstützung für Love Like Blood. Das wars…Thats it…

Vielen Dank & bis bald!

Gunnar Eysel

http://www.facebook.com/LLBofficial